Wald und Ökosystemleistungen: Aktuelle Situation
Holzproduktion im Fokus
Die Bewirtschaftung von Wäldern zielt in Deutschland in der Regel darauf ab, Holz starker Dimension (möglichst Wertholz) zu produzieren. Die Ausnutzung der natürlichen Kräfte ist für Forstbetriebe und für die Erbringung der ÖSL am zielführendsten, da naturnah bewirtschaftete und standortangepasste Wälder zumeist stabiler und vitaler und damit besser für die Produktionszeit geeignet sind. Die Integration von darüber hinausgehenden naturschutzfachlichen Maßnahmen in die Waldbewirtschaftung kann weitere Vor-, aber eventuell auch Nachteile für den Betrieb bzw. im Ökosystem bereitgestellten Leistungen mit sich bringen. Die Inwertsetzung von ÖSL soll in Anhalt an die TEEB-Studie (Naturkapital Deutschland) die Informationen über die tatsächlichen Nutzen und Kosten verschiedener Alternativen der Naturnutzung liefern und dadurch die Entscheidungsfindung unterstützen. Aus ökonomischer Sicht lassen sich ÖSL als Ströme und Flüsse auffassen, die der Gesellschaft als eine Art „Dividende“ aus dem Naturkapital zufließen. Die Erhaltung des natürlichen Kapitalstocks ermöglicht es, diese Dividende auch für künftige Generationen dauerhaft bereitzustellen. Dabei wird der Begriff „Naturkapital“ als eine ökonomische Metapher für den begrenzten Vorrat der Erde an physischen und biologischen Ressourcen verstanden. Die in dieser Studie erfolgenden Bewertungen orientieren sich an denen in der TEEB-Studie (Naturkapital Deutschland) zusammengetragenen Ansätze zur ökonomischen Bewertung von biologischer Vielfalt und ÖSL und folgenden drei Schritten „Identifizieren – Erfassen – Bewerten“. Dafür sind bestehende Erfassungs- und Bewertungsmethoden zu evaluieren und auf die im Projekt zu definierenden ÖSL abzustimmen.
Das menschliche Wohlergehen ist abhängig von der Bereitstellung und dem Zusammenspiel einer Vielzahl an Ökosystemdienstleistungen, die über die Holzproduktion hinausgehen. Somit gilt es, die Triebkräfte für die Degradierung dieser essentiellen ökosystemaren Leistungen zu reduzieren, die sich nicht nur negativ auf den Forstbetrieb, sondern auch auf das menschliche Wohl auswirken. Ein Teil der Kosten, die durch die Verschlechterung des Zustandes und der Funktionstüchtigkeit von Ökosystemen entsteht, bleibt oftmals unberücksichtigt. Die Funktionstüchtigkeit von Ökosystemen umfasst dabei u.a. die Fähigkeit zur Selbstregulation, Selbstorganisation und Anpassungsfähigkeit. Ökosysteme mit komplexen Strukturen, einem hohen Biomassestock und funktionaler Diversität zeigen stärker ausgeprägte Regulationsfähigkeiten (z.B. Pufferung von Temperaturschwankungen bzw. -extremen sowie Feuchtigkeitsregulation). Damit ergibt sich auch eine größere Resilienz gegenüber klimawandelbedingten Störungen und eine größere Kapazität, sich an verändernde Umweltbedingungen anzupassen.
Im Sinne eines funktionalen Naturschutzkonzeptes geht es darum, das Gesamtgefüge von Ökosystemen zu erfassen und deren Funktionstüchtigkeit zu erhalten oder zu verbessern, ohne lediglich auf den Schutz ausgewählter Arten hinzuarbeiten.
Die Anwendung von thermodynamischen Indikatoren in Kombination mit Vegetationsanalysen hilft dabei, diese funktionalen Eigenschaften von Ökosystemen zu erfassen und erlaubt Rückschlüsse auf deren Resilienz und Anpassungskapazität. Komplexere Ökosysteme haben die Fähigkeit, einen größeren Teil der einfallenden solaren Strahlung photosynthetisch umzusetzen und im System zu speichern. Diese Eigenschaft ist abhängig von der Vegetations- und Strukturvielfalt des Ökosystems. Studien unter Nutzung von Fernerkundungsmethoden (Infrarotsatellitenbilder) zeigen, dass die Energiedissipation in Ökosystemen mit zunehmender Naturnähe und speziell bei Waldökosystemen mit steigendem Bestandesalter zunimmt.
Anthropogene Einflüsse wie die Bewirtschaftung von Wäldern reduzieren deren Komplexität, was zu deutlichen Wirkungen auf die funktionellen Ökosystemeigenschaften führen kann. Für Kiefernwälder wurde u.a. in den USA untersucht, wie sich auf Landschaftsebene die Strukturvielfalt auf die Ökosystemdynamik auswirkt (Pinus ponderosa). Deutsche Kiefernwälder wurden diesbezüglich kaum untersucht. Das hier beantragte Forschungsvorhaben wird u.a. an die Arbeiten zu Waldumbau und Strukturvielfalt in den Kiefernforsten des südöstlichen Brandenburgs anknüpfen.